Haushaltsrede 2022 der CDU-Fraktion

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Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

mit 19,88 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen haben wir in 2021 trotz Corona einen historischen Spitzenwert erreicht. Wer hätte das zu Beginn des letzten Jahres gedacht?
Gegenüber dem Kreis und dem Land gelten wir damit als abundant und damit finanzstark, obwohl es an allen Ecken und Kanten im Haushalt knirscht und wir lediglich eine "Mangelverwaltung" betreiben.
Aufgrund der Umlagegrundlagen müssen wir zeitversetzt mehr Kreisumlage zahlen und erhalten in gleichem Zuge keine bzw. geringere Schlüsselzuweisungen, weil unsere Steuerkraft über der Bedarfsmesszahl nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) liegt, wie sagt man so schön „zu arm zum Leben und zu reich zum Sterben“.
Eine Reform des GFG ist längst überfällig. Von der Verteilung der Verbundmasse in Form von Schlüsselzuweisungen profitieren in aller Regelmäßigkeit nur die kreisfreien Städte, sprich die Großstädte an Rhein und Ruhr.

Aus unserem Gemeindehaushalt fließen insgesamt 50,1% (!) aller Ausgaben über Umlagen ab. Den größten Anteil dabei hat die Kreisumlage. Der Zahlbetrag der Kreisumlage steigt von Jahr zu Jahr an und beläuft sich im Jahr 2022 auf 21,2 Mio. EUR! Trotz Senkung des Hebesatzes der Kreisumlage muss die Gemeinde Reichshof im Vergleich zum Vorjahr rund 1,7 Mio. EUR mehr an den Oberbergischen Kreis abführen. Für eine Umlagebehörde ein schöner Mitnahmeeffekt.
Zudem kann der Kreis mit höheren Erträgen bei den Schlüsselzuweisungen rechnen. Aufgezehrt werden diese Verbesserungen allerdings teilweise durch die ansteigende Landschaftsumlage, die aus dem Kreishaushalt finanziert wird.

Der Haushaltsplan für das Jahr 2022 weist bei Erträgen i.H.v. 48.808.206 EUR und Aufwendungen i.H.v. 49.088.995 EUR einen Fehlbedarf von 280.7879 EUR aus.
Uns ist bewusst, dass der moderate Fehlbedarf nur aufgrund einer Bilanzierungshilfe i. H. v. 2 Mio. EUR zustande kommt.
Der Kämmerer schlägt vor, die Grundsteuer B um weitere 50 Punkte anzuheben. Die SPD-Fraktion hat darüber hinaus beantragt, auch den Hebesatz der Gewerbesteuer um 20 Punkte anzuheben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

nach Angaben des WDRs haben laut Statistischem Bundesamt zwei Millionen Menschen angegeben, nicht richtig zu heizen, weil sie es sich nicht mehr leisten können.
Das war 2019! Seitdem sind die Gas- und Heizölpreise teilweise explodiert. Die Strompreise steigen auch. Dazu kommt noch, dass einige Billigstromanbieter hunderttausenden Kunden kürzlich gekündigt haben. Diese erhalten zwar weiterhin Strom durch die örtlichen Grundversorger, werden aber lediglich von den teureren Basisverträgen aufgefangen, so dass sie doppelt bestraft werden.
Und ein Ende der Preissteigerung ist noch nicht in Sicht.
Die Ursachen sind komplex. Hinzu kommt, dass die CO2-Bepreisung in den kommenden Jahren noch weiter steigen wird.

Auch wir kommen auf gemeindlicher Ebene nicht um eine Erhöhung der Gebühren für Schmutzwasser (+0,18 EUR), Niederschlagswasser (+ 0,04 EUR) und Müll (+2,75%) herum, da wir hier keine Spielräume haben und gesetzlich verpflichtet sind, die anfallenden Kosten an die Gebührenzahler weiterzugeben.
Da macht es aber aus unserer Sicht keinen Sinn, zusätzlich noch die Grundsteuer B um 50 Punkte anzuheben. Die Bürgerinnen und Bürger sind, weiß Gott, genug belastet.
Zudem wissen wir noch nicht, wie sich die Grundsteuerreform – sprich die Neubewertung des Grundbesitzes – auf die Grundsteuer B auswirken wird.

Wir liegen im Vergleich zu den anderen oberbergischen Kommunen mit einem Hebesatz von 570 Punkten zwar eher im unteren Bereich, dies rechtfertigt es unserer Meinung nach aber nicht, den Hebesatz einfach mal „vorsorglich“ anzuheben.
Auch für die Bürgerinnen und Bürger ist eine Anhebung nicht nachvollziehbar, da das Jahr 2021 mit einem Rekordergebnis von 19,89 Mio. EUR an Gewerbesteuer-Einnahmen, und damit 6,39 Mio. EUR mehr als eigentlich eingeplant, abgeschlossen hat.
Kämmerer Gerd Dresbach hat für das Jahr 2022 den Ansatz mit 15,25 Mio. EUR eher vorsichtig geplant. Dies ist als Kämmerer sicher auch seine Aufgabe. Dennoch ist schon jetzt erkennbar, dass auch im Jahr 2022 mit einem guten Gewerbesteuerergebnis zu rechnen ist.
Insofern stimmen wir einer Erhöhung der Grundsteuer B nicht zu.

Die Unterstützung von Handwerk und Gewerbe ist für die CDU ebenfalls ein wesentliches Anliegen, damit ihre Zukunft in unserer Gemeinde auch weiterhin gesichert ist.
Da die Weiterentwicklung der Gewerbeflächen in unserer Gemeinde durch Vorgaben anderer staatlicher Ebenen immer schwieriger wird, ist es besonders wichtig, die Standorte vorhandener Betriebe und Unternehmen zu sichern. Insofern gilt es, möglichst attraktive Rahmenbedingungen zu bieten, um sie in der Gemeinde Reichshof zu halten. Hierzu zählt selbstverständlich auch ein moderater Hebesatz bei der Gewerbesteuer.
Wir möchten die weitere Entwicklung der Gewerbesteuer zunächst abwarten und werden einer Erhöhung des Hebesatzes deshalb ebenfalls nicht zustimmen.

Nichtsdestotrotz wollen wir in der Gemeinde Reichshof auch in diesem Jahr im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten etwas bewegen.

So werden für die Fortsetzung des InHKs Phase II sowie Dorferneuerungsmaßnahmen 1,35 Mio. EUR bereitgestellt. In den Jahren 2023 bis 2025 sind hierfür weitere 6 Mio. EUR eingeplant, um die geplanten Vorhaben in Denklingen und Wildbergerhütte weiter voranzubringen.
Auch das Gebäudesanierungsprogramm wird in diesem Jahr fortgesetzt. Für die Erweiterung der Räumlichkeiten in der Grundschule Hunsheim werden rund 1 Mio. EUR zur Verfügung gestellt.
Wir freuen uns sehr, dass in Wildbergerhütte mit der dringenden Sanierung der Schwimmhalle begonnen werden kann. In Denklingen sind für den Anbau an die Grundschule 400 TEUR eingeplant.

Seit dem Ratsbeschluss vom 15.12.2009 wurden bisher insgesamt 18,384 Mio. EUR (!) in die Gebäudesanierung gesteckt. Auf der Strecke geblieben sind dabei allerdings unsere Gemeindestraßen. Hier muss dringend erörtert werden, wann und in welchem Umfang eine Umverteilung der Haushaltsmittel, welche aktuell noch für die Gebäudesanierung priorisiert sind, in den Bereich der Straßenunterhaltung vorgenommen werden sollte.
Seit 2004 hat sich der Wert des Anlagevermögens unserer Straßen auf rund 19,36 Mio. EUR (Stand 2020, letzter testierter Jahresabschluss) reduziert und damit mehr als halbiert.

Die CDU möchte sich an dieser Stelle bei Straßen NRW bedanken, dass die dringend sanierungsbedürftigen Landstraßen in der Gemeinde Reichshof, wie bspw. die L 351 in Wildberbergerhütte, die L 324 nach Eckenhagen und die L 341 im Steinaggertal, provisorisch saniert wurden. Wir gehen davon aus, dass die grundlegende Sanierung zeitnah erfolgen wird.

Insgesamt sieht der Finanzplan für das Jahr 2022 Investitionen von rund 5,64 Mio. EUR vor. Es findet keine Netto-Neuverschuldung statt, was auch das Ziel für die kommenden Jahre sein muss. Wir dürfen nur das ausgeben, was wir heute erwirtschaften, damit zukünftige Generationen nicht durch heutige Mehrausgaben belastet werden.

Mit 1.076 EUR Schulden pro Einwohner haben wir im Vergleich zu den anderen oberbergischen Kommunen den zweitbesten Wert zu verzeichnen (Stand 31.12.2000) und liegen damit unter dem Landesdurchschnitt. Diese Zahlen belegen, dass wir verantwortungsbewusst und sparsam mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen.

Eine angemessen und gut ausgestattete Feuerwehr ist uns immer schon sehr wichtig gewesen, denn die Kameradinnen und Kameraden verrichten ihren Dienst freiwillig unter Einsatz ihrer Gesundheit, schlimmstenfalls ihres Lebens.
Wir sind stolz auf das ehrenamtliche Engagement unserer Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, die den Brandschutz und die technische Hilfeleistung in unserer Gemeinde sicherstellen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Ihnen allen für Ihren unermüdlichen Einsatz zum Schutz unserer Bevölkerung bedanken!
Der persönliche Schutz aller Einsatzkräfte hat für uns oberste Priorität. Bei diesbezüglichen Ausgaben sehen wir kein Einsparpotential! Für uns ist es keine Frage, dass die hierfür erforderlichen Mittel im Haushalt bereitgestellt werden müssen.

Die Budgetierung der Ausgaben im Produktbereich Gefahrenabwehr hat sich aus unserer Sicht bewährt, um flexibles Handeln zu ermöglichen und der Feuerwehr entsprechende Planungssicherheit zu geben. Da sich das Budget von 284 TEUR in seiner Höhe seit 2015 nicht verändert hat, ist es an der Zeit, die Ausgabenblöcke sowie die Budgethöhe auf den Prüfstand zu stellen und anzupassen. Dies wollen wir gemeinsam mit der Wehrführung ohne zeitlichen Druck im Rahmen der Beratung des frisch aufgestellten Brandschutzbedarfsplanes angehen.

Erlauben Sie mir, darauf hinzuweisen, dass mit Unterstützung der Politik in den letzten Jahren Fahrzeugbestand, Gerätehäuser und technische Ausrüstung kontinuierlich erneuert und ergänzt werden konnten. Im interkommunalen Vergleich kann resümiert werden, dass die Gemeinde Reichshof eine sehr gut ausgestattete Feuerwehr vorhält. Ich führe dies an, weil durch die Berichterstattung der Presse in den letzten Wochen möglicherweise ein anderer falscher Eindruck entstanden ist.

Die gute Zusammenarbeit von Feuerwehrführung und CDU-Fraktion hat sich in der Vergangenheit immer bewährt. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir auch in Zukunft eng mit Ihnen zusammenarbeiten und jederzeit ein offenes Ohr für Ihre Anliegen haben.

Der Antrag der Forstbetriebsgemeinschaften auf Erhöhung der Mittel für die Wirtschaftswegeunterhaltung für die nächsten zwei Jahre um 50 TEUR findet unsere Zustimmung, weil diese in der Vergangenheit hervorragende Arbeit geleistet haben, wie wir im Bauausschuss anschaulich nachvollziehen konnten.
Ich möchte mich an dieser Stelle im Namen der gesamten CDU-Fraktion bei den Forstbetriebsgemeinschaften für Ihr Engagement bedanken!

Ich freue mich, dass wir im Dezember des vergangenen Jahres den Bebauungsplan „Wildbergerhütte-Mühlenberg“ verabschieden konnten. Insgesamt entstehen in diesem Bereich 14 Baugrundstücke, welche nun durch die gemeindeeigene BGW vermarktet werden können.

Um Menschen vor Ort zu halten und junge Familien anzuziehen bedarf es aber auch weiterer passender und attraktiver Rahmenbedingungen.
So entstehen in diesem Jahr zusätzliche Kindergartenplätze. Der Oberbergische Kreis möchte zusammen mit dem Landschaftsverband weitere dringend benötigte Kindergartenplätze schaffen. Über die BGW entsteht in Eckenhagen ein Neubau einer zweigruppigen Einrichtung für 40 Kinder. Am Standort in Denklingen werden ebenfalls Räumlichkeiten für zwei weitere Gruppen angebaut.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

unsere Handlungsmöglichkeiten im Rahmen des Klimaschutzes sind auf kommunaler Ebene eher beschränkt. Mit der gemeinschaftlich von CDU und FDP initiierten Förderung der Errichtung von Photovoltaikanlagen können wir einen wesentlichen Anschub zur Installation der Anlagen und somit einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Und wie wir bisher sehen konnten, war das ein voller Erfolg! Aufgrund der Tatsache, dass die im vergangenen Jahr zur Verfügung gestellten Fördermittel i.H.v. insgesamt 125 TEUR innerhalb kürzester Zeit abgerufen wurden, haben wir uns dafür stark gemacht, auch im Jahr 2022 ein Budget von 125 TEUR im Haushalt bereitzustellen. Erfreulicherweise kann die Gemeinde Reichshof mit einer Unterstützung durch das Land i.H.v. 77 TEUR auf der Grundlage der sog. Billigkeitsrichtlinie für kommunale Klimaschutzinvestitionen rechnen.
Da die Anschaffung von E-Autos aktuell exponentiell verläuft, muss es unser Ziel sein, so viele Anlagen wie möglich auf die Dächer zu bekommen. Gerade im ländlichen Bereich, wie der Gemeinde Reichshof, wird die Ladung von E-Autos regelmäßig über die hauseigene Wallbox erfolgen. Dieser und der Bedarf an Haushaltsstrom sollte möglichst durch die eigene Photovoltaikanlage produziert werden.

Auch wir hier im Oberbergischen haben die Folgen des Klimawandels im Juli des vergangenen Jahres zu spüren bekommen. Die extreme Unwetterlage mit andauerndem Starkregen verursachte in ganz NRW erhebliche Sachschäden und bedauerlicherweise auch Personenschäden.
Auch im Oberbergischen Kreis gab es großflächige Überschwemmungen, die zahlreiche Einsätze der Feuerwehr und der Hilfsorganisationen erforderlich machten.
Ein Thema, das erheblich an Bedeutung zugenommen hat. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass sich die Verwaltung gegenwärtig intensiv u. a. mit der Hochwasserproblematik auseinandersetzt und diese Thematik als ständiger Top im Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss auf der Agenda steht.
Klimafreundliche Politik leistet einen entscheidenden Beitrag zur Wertschöpfung und ist Grundlage für langfristigen Wohlstand.

Abschließend möchte ich mich im Namen der gesamten CDU-Fraktion bei unserem Bürgermeister Rüdiger Gennies und dem gesamten Verwaltungsvorstand für die gute und konstruktive Zusammenarbeit bedanken.
Mein Dank geht auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die sich tagtäglich mit viel Engagement für die Belange unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzen.
Bedanken möchte ich mich auch bei unserem Koalitionspartner, der FDP, für die gute Zusammenarbeit.

Dem Haushaltsplan, dem Stellenplan sowie den Wirtschaftsplänen werden wir selbstverständlich zustimmen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Thomas Funke
CDU-Fraktionsvorsitzender

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